Was erwartet uns in der Zukunft? Wie wird das elektronische Hobby von vielen Leuten in der Zukunft aussehen? Ich reiße das Thema mal ein wenig an und vielleicht seh ich die Dinge doch ein wenig zu schwarz. Trotzdem könnte der Beitrag eine Diskussion anregen, was uns die Zukunft so bringen wird und was nicht. Viele Worte zur Technik selbst werde ich nicht verlieren, weil diese vom Veröffentlichungszeitpunkt abhängt. Das wäre dann zu spekulativ. Aber die Inhalte werden „dank“ derzeitiger Entwicklungen begreifbarer.
Die Idee zu diesem Beitrag kam mit der Tatsache, dass Linux als offenes Betriebssystem scheinbar ausgedient hat. Zumindest als „offene“ Plattform! Für Linux als System mit geschlossener Oberfläche ist es mit Sicherheit auch zukünftig eine Lösung. Doch dann hat man das Problem, die Nutzer so einzuschränken, dass sie für Inhalte zahlen und diese nicht selbst integrieren. OpenPandora ist eine kleine Gegenbewegung, die für den kommerziellen Bereich eher uninteressant ist und wohl keine Revolution auslösen wird.
Ich möchte mich deshalb eher auf den kommerziellen Mainstream und damit die BigPlayer beschränken, die den Spielesektor in digitaler Form gerade anfangen, diesen digital zu erschließen. Alle Punkte versuche ich mit Hinweisen und Entwicklungen derzeitiger Trends zu belegen. Wenn es mir nicht gelingt, ist es pure Spekulation meinerseits. 😉
Die Technik:
– Hardware auf aktueller Basis (das sollte klar sein, auch wenn man hier tricksen kann, wie Nintendo mit seinem „großen Gamecube“ eindrucksvoll bewiesen hat).
– Die Technik muss bezahlbar sein und wird nicht High-End sein. Der Sprung zu nächsten Gen muss aber so groß sein, dass die Masse (!) einen merklichen Unterschied wahrnimmt. DX11 + 1080p reichen da nicht, also wird es noch locker 2-3 Jahre dauern.
– Proprietäres Systemformat, komplett abgeschirmt und Non-Open-Source, um alle Zusatzleistungen als bezahlten Service anzubieten. Du willst einen Browser für deine Konsole, die ja eh ein PC ist? Kein Problem, lad ihn dir in XBL für 4,99 Euro runter!
– Bewegungssensitive Steuerung standartmäßig integriert, ich denke da immer an Minority Report („Finger tracking„). „Standartcontroller“ bleiben weiterhin, aber man kann Geld mit zusätzlichen Controllern und Controllerzusatzgeräten machen.
– Abwärtskompatibilität nur gegen Aufpreis (z.B. Abo-Erweiterungen) und nur noch softwaregestützt
Die Inhalte:
– Benutzergebundener Content (sharen gibts nicht mehr, siehe PSN)
– strenge Regionalbeschränkungen. Wer nicht in den USA wohnt, wird hier auch keinen Zugriff darauf bekommen.
– Zwangsinternetaktivierungen der Spiele, um Gebrauchtspiele einzuschränken und Raubkopien vorzubeugen. Gebrauchtspiele müssen mit einer neuen Lizenz ausgestattet werden (siehe EA Online Pass)
– Zeitlich begrenzte Spiele. Passiert jetzt schon im Sportsektor, wenn die Onlineserver abgeschaltet werden. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass nach einer gewissen Zeit Spiele nur noch online als digitale Kopie angeboten werden. Damit schränkt man den Gebrauchtmarkt ein und beteiligt sich selbst daran.
– Abo-Funktion pflicht, um Konsolen günstiger anzubieten. Ich glaube nicht, dass Konsolen in Zukunft am Start für 600 – 800 Euro auf den Markt geworfen werden (siehe PS3-Subventionierung, im übrigen ein fantastischer Blogeintrag, ich hätte noch zig andere Quellen nennen können!), sondern eher für den halben Preis. Dafür mit mindestens 12-monatigen Online-Abo. Wer dieses nicht nutzen will, bekommt nur eingeschränkte Services (keine Aktualisierungen, keine Patches, keine Onlinefunktionen etc.) und muss mehr zahlen. Und ja: Gizmondo ist damit gefloppt, aber das lag IMO an anderen Dingen. 😉 Aber der Massenmarkt beginnt unter 250 Euro – da wo die Wii verkauft wird! Und nicht im High-End-Sektor bei 500 Euro aufwärts!
– Kreditkartenzwang bzw. Zahlungsangabe (z.B. PayPal, Bankeinzug,…). So kann z.B. bei Missachtung von Richtlinien (z.B. cheaten, Kopierschutz umgehen etc.) der Account entgeldlich belastet werden. Auch lassen sich damit viel komfortabler Rechnungen begleichen.
– eine komplette Verzahnung mit Social Media. Facebook, Twitter etc. können alles registrieren, was man so macht. Man hat keine „Freundesliste“, sondern lädt seine kompletten Kontaktdaten rein und Leute können die Aktivitäten streamen („Oh, Hans-Peter fährt auf der Nordschleife in GT6, ich schau mal rein!“). Du hast bei Halo 7 einen neuen Killrekord aufgestellt? Kein Problem, darüber berichten Twitter, Facebook und Co. schon jetzt automatisch, das Spiel muss es nur unterstützen!
– starke Ausweitung an Multimediafähigkeiten: Videosstreaming, TV-Streaming, Music-Flatrate, etc. Begründung: Solche Dienste lassen sich jetzt schon integrieren (siehe PS3 mit VidZone, MUBI, Home, Video-Store etc.) und sind technisch überhaupt kein Problem, können aber gegen Bargeld verfügbar gemacht werden.
– Bevorzugung von kaufkräftigen Spielern: Wer mehr spielt, bekommt mehr Content. Ist jetzt schon so: PSN+ Nutzer bekommen Goodies, weil sie in der Regel auch wesentlich mehr spielen. Gelegenheitsspieler sollen aber auch die Chance bekommen, Content dazuzukaufen wie bisher, nur zu höheren Preisen. Ist ja derzeit schon der Fall.
– Mehr „Real-Life“-Optionen: Geotagging, um Spieler zu finden, Terminkalender zur Absprache mit Spielpartnern und mehr Online-Events (z.B. direkte Streams zu Messen, aktive Einbindung der Community bei Veranstaltungen etc.)
– Mehr Merchandising: Im Spiel direkt können T-Shirts, Soundtracks, Erweiterungen und Co. sofort gekauft werden, Vorreiter sind da Spiele wie Little Big Planet oder ModNation-Racers. Da die Kaufdaten im Hintergrund abgelegt sind, kann man direkt kaufen, ohne großartig irgendwelche Stores zu öffnen und 20x zu bestätigen
– mehr Werbemöglichkeiten für Hersteller. Die Leute werden nicht mehr so viel Zeit vor dem TV-Programm verbringen, sondern dieses kann auch über die Konsole geschehen. Also ist der Markt am wachsen für Konsolen-Werbung. Dezenter, aber unübersehbar. Z.B.: Coca-Cola-Aktion: Erweiterung „Beach & Fun“ mit Buggys und Strandstrecken für Forza 5 wird mit freundlicher Genehmigung finanziell unterstützt und der Downloadpreis wird gesenkt. Dafür zieren an den Strandstrecken Coca-Cola-Werbetafeln das Geschehen. Ist ja seit Jahren als in-game advertising die Regel, aber das ist ja nur die Oberfläche der Möglichkeiten. Könnte sehr nervig werden, als Beispiel seien hier die Menüs aus Tony Hawk Ride genannt…
– …
Diese List könnte man beliebig fortsetzen. Viele Dinge werden jetzt schon umgesetzt, aber in Zukunft wird es vorrangig darum geht, Content zu vermarkten. Die Internetrevolution fängt jetzt erst an. Praktizierbare Bezahlkonzepte, so lautet die Zauberformel, bei denen jedes Unternehmen hellhörig wird, was Online-Dienste angeht. Diese sprießen erst jetzt aus dem Boden und Apples iTunes zeigt, wie man aus virutellem Content bare Münze verdient. Das wird die Zukunft sein! Du willst den neusten Kinofilm? Bekommst du, mach deinen Geldbeutel auf! Du willst die neuste Demo? Kein Problem, Micropayment machts möglicht, kostet ja nur 0,19 Cent oder ist im Premium Abo mit dabei, beim Elite Abo bekommt man sogar noch Zugriff auf die Beta-Tests (ist ja jetzt schon der Fall).
iTunes ist deshalb so erfolgreich, weil es die Leute an ein System gewöhnt. Und nichts ist einfacher handzuhaben als Gewohnheit, Faulheit und Unwissen. Damit das System akzeptiert wird, muss man dieses einfach halte, aber auch sicher gegenüber Alternativen: Es darf keine geben und wenn doch, dann muss man Synergien entwickeln. Die Leute wollen über Facebook einkaufen? Kein Problem, iTunes nutzt jetzt Facebook direkt als Einstiegsplattform! Dazu verhandelt man ein paar Verträge et voilà: Die Nutzer klicken ja eh jede Änderung ab, die über Gut und Böse entscheidet.
Die Nutzer sollen für ihre Zeit bezahlen, so wie sie fürs Kino ein Ticket lösen. Nur nicht offensichtlich und streng nach der Uhr! Man muss sie nur locken und Angebote machen, wenn sie mehr wollen. So funktioniert modernes Marketing und so wird es derzeit getestet. Das ist der Anfang und die Spieleindustrie wird noch wesentlich mächtiger werden, als sie jetzt ist.
Apple macht es vor, das System funktioniert scheinbar, die Leute „genießen“ den „Komfort“, dass sie alles haben können und sich um nichts mehr kümmern müssen. Sie müssen nur zahlen und die Rechtfertigung ist einfach: „Damit wir Ihnen weiterhin unseren prämierten Service anbieten können, ist es erforderlich, dass Sie blablabla“ Es wird genug Fanboys und Marketingstrategen geben, die diese Entwicklung gutheißen, weil sie immer wieder mit dem Todschlagargument daherkommen können, dass es keine Alternative zu diesen virtuellen Geschäftsmodellen gibt (und eine Diskussion darüber will ich eigentlich nicht führen).
Man kann Verkäufe kontrollieren (DL läuft nicht? Preis runter, mehr Werbung dafür schalten, Aktion generieren, Mund-zu-Mund-Propaganda anregen, siehe Somewhere over the Rainbow, ein absolutes Marketing-Meisterwerk etc.), Werbepartner in die Plattform einbinden, die Leute direkt von der Konsole zum Kaufen anregen und gezieltes Marketing über die Social Media Wege planen.
Wichtig wird sein, die Leute bei Laune zu halten und das wird kosten, aber auch Anreize bieten für diejenigen, die als „treue“ Kunden agieren. Man kann problemlos die Schufa-Auskunftsdaten mitznutzen, um z.B. Premium-Angebote (z.B. Halo 7 Legendary Edition nur an besonders aktive und kaufkräftige Leute ermöglichen und nur eine Teilmenge über den Onlinehandel anbieten).
Und was natürlich auch in dieser Hinsicht eine große Rolle spielt, dass sind die Jahresupdates à la Fifa oder CoD. Für diese kann Erweiterungs-Content gebastelt werden und in der Regel bleiben die Teams erhalten, damit im nächsten Jahr wieder eine neue Version erscheint. Nur haben EA oder Activision für einen solchen Titel im Jahr einen 150-Mitarbeiter-Aparat, der bezahlt werden muss und das ist mit einem 9,99 Euro Update so nicht wirklich machbar. Das wird in Zukunft noch wesentlich „schlimmer“ werden (Online-Gebühren, Abomodelle, etc.), ich kann mir vorstellen, dass in der nächsten Gen auch mal 500 Leute an einem Titel arbeiten. Das sind die Cash-Cows der Unternehmen: Marken, die als Jahresupdate in Serie viele Fans ansprechen.
Man mag sich darüber aufregen, aber wir müssen uns damit abfinden, dass die Pionier-Jahre endgültig vorbei sind und das Videospielgeschäft nun mal eine börsennotierte Schlacht geworden ist. Mit Rendite, Managern in Anzügen und Krawatten und Werbeevents auf VIVA und Pro7. Die Masse wird es weiter kaufen, denn die schauen ja auch Dschungelcamp und lesen BILD, was will man da schon erwarten? 😉
Ich würde gerne mal in Jahren 10 wieder auf diese, eher negative Interpreation der Zukunft schauen, damit ich weiß, dass ich damals alles zu schwarz gesehen habe… Aber vielleicht wirds ja auch ganz anders. Wer weiß das schon? Und meine Glaskugel Marke „Nostradamus“ spielt mir vielleicht auch noch einen Streich.
Ein Kommentar zu „Die Konsole der Zukunft“