Game Dev Story (Android Review)


Spiele entwickeln als WiSim

Es gibt Spiele, die sind aufgrund ihrer sprachlichen Barrieren für uns kaum spielbar. Bestes Beispiel: Game Dev Story für iPhone bzw. Android! Eine WiSim aus Japan, dessen Vorlage ehemals nur auf dem PC und in japanisch verfügbar war, ist nun auch auf dem Android-Market in englischer Sprache erhältlich (iPhone-Nutzer durften schon etwas früher ran).

Ich bin auf das Spiel gekommen, weil ich die Review dazu in der Retrogamer Heft 84 gelesen habe – und dort wurden enthusisatische 96% vergeben! Auch die IGN-Kritik hat sich vielversprechend angehört, genauso wie der deutsche Test auf Eurogamer. Und ja, das Spiel ist wirklich ein kleiner Geheimtipp!

Game Dev Story ist eine klassische WiSim. Man übernimmt als Spieler die Rolle eines Firmenchefs einer kleinen Videospielschmiede. Ziel ist es, das kleine Unternehmen an die Weltspitze der digitalen Unterhalung zu bringen. So weit, so gut, doch aller Anfang ist schwer. Zu Beginn besteht nur die Möglichkeit, kostengünstige und relativ unerfahrene Programmierer einzustellen, die lieber Donuts verschlingen, als in die Taste zu hauen.

Bis man sein erstes Videospiel entwickelt, vergeht etwas Zeit, da zuvor erst einmal das Grundkapital für eine Spielentwicklung gewonnen werden muss. Dies geschieht in der Regel durch Auftragsarbeiten für externe Kunden (Spielmusiken, Hintergrundgrafiken, Game Engines etc.). Aufgrund der geringen Qualifikation des Teams, kann es schon mal vorkommen, dass eine große Auftragsarbeit nicht in der entsprechenden Zeit fertig gestellt werden kann. Dann sinkt die Reputation und man muss sich mit kleineren Arbeiten zufriedenstellen.

Derweil wird man über den derzeitigen Videospielmarkt informiert. Es erscheinen neue Konsolen und Heimcomputer, für die man erst einmal eine Lizenz benötigt. Lustig: Die Geräte lehnen sich an ihre realen Vorbilden an: Das IES ist eigentlich Nintendos NES und besitzt horrende Lizenzkosten, ist dafür aber auch sehr weit auf dem Markt verbreitet. Besser ist es, man geht den einfachen Weg und entwickelt erst einmal ein PC-Spiel. Dort ist der Markt (aufgrund vor Raubkopien? 😉 ) zwar nicht so groß, die Entwicklungskosten sind aber überschaubar.

Erster Schritt: Die Auswahl des Genres und des Themas. D.h. man kann „RPG“ mit „Fantasy“ kombinieren, was bei den Mitarbeitern sehr gut ankommt und diese zusätzlich motiviert, weil damit die Voraussetzung für einen potenziellen Bestseller gegeben ist. Wählt man hingegen „Shooter“ + „Reversi“, kommt in der Regel nur ein kläglicher Spieleversuch heraus, der für wenig Begeisterung sorgt. Es gibt auch innovative Kombinationen, die man durch Mitarbeiterfortbildungen freischalten kann und die zu Verkaufsschlagern führen können.

A propos Mitarbeiter: Man kann am Anfang online Anzeigen schalten oder die Mund-zu-Mund-Propaganda nutzen, um an qualifiziertes Personal zu gelangen. Es werden Gamedesigner, Storywrites, Coder oder Soundtechniker benötigt, aber man kann bei jedem Spiel das Spielkonzept, die Grafik und die Musik durch externe Auftragsarbeiten erstellen lassen – gegen ein gewisses Entgeld (je nach Fähigkeit des Entwicklers) versteht sich.

Mit der Zeit steigen die Fähigkeiten der MitarbeiterSchulungen und höhere Eingruppierungen („aufleveln„) mit verbundenen Lohnmehrkosten sorgen dafür, dass das Team immer besser wird. Man muss aber immer darauf achten, dass man das investierte Geld durch ein erfolgreiches Spiel wieder reinholt und einen Gewinn erzielt. Gerade am Anfang kann es sein, dass man durch übertrieben hohe Qualitätsansprüche an seine Grenzen gelangt und der vermeintliche Starentwickler nur Müll produziert. Und wer dann kurz vor Fertigstellung des Spiels die Game-Musik nicht mehr produzieren kann, weil die eigenen Mitarbeiter erschöpft nach hause gegangen sind und man nicht beachtet hat, dass am Ende des Jahres die Gehälter nicht bezahlt wurden, muss wohl oder übel ein vielversprechendes Projekt einstellen.

Aber der Frust hält sich insgesamt in Grenzen. In der Regel sind nur am Anfang budgettechnische Probleme vorhanden, wenn es einmal läuft, gehören Geldprobleme der Vergangenheit an. Problematisch wird es erst dann, wenn man sich in teure Werbeanzeigen verstrickt und unbedingt zum Launch einer neuen Konsole dessen Lizenz erwerben will, um dann festzustellen, dass kaum mehr Geld für die eigentliche Spielentwicklung vorhanden ist.

Grundsätzlich ist es wichtig, nicht immer die gleichen Genres zu bedienen und nicht immer die gleichen Mitarbeiter Kernarbeiten durchführen zu lassen. Denn dadurch sinken die Popularität des Unternehmens und die kreative Schaffenskraft der Mitarbeiter („Was? Ich schon wieder?!“). Während der Programierphase können zwar bestimmte Eigentschaften wie Kreativität, Spaß, Sound und Grafik „geboostet“ werden, aber dies kostet Erfahrungspunkte, die die Mitarbeiter durch ihre Arbeit generieren. Mit Erfahrungspunkten könen Mitarbeiter zu Schulungen und Auslandsaufenthalten geschickt werden, um ihre Fähigkeiten zu verbessern und neue Genres zu entdecken.

Immer wieder taucht ein Handelsvertreter auf, der einem alle möglichen Sachen verkaufen will. Hilfreich kann manchmal das „Bug-Spray“ sein, ein Toolkit, um Bugs nach der Fertigstellung eines Spiels zu finden. Denn wenn in der „Entbuggungsphase“ ein Fehler auftritt, kann der Spielspaß des Produkts stark nach unten sinken Mit dem Handbuch „Wie ändere ich meinen Job“ wird am Ende immer wichtiger, da damit Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen „gelevelt“ werden und irgendwann die Möglichkeit besteht, einen HardwareIngenieur zu haben.

Zeitgleiche Veröffentlichungen von Spielen des gleichen Genres von anderen Herstellern wirken sich natürlich negativ auf die Verkaufszahlen aus. Und es kann immer wieder vorkommen, dass es zu PC-Ausfällen kommt und wichtiger Code im Datennirvana gelandet ist – das Produkt kann dann nicht mehr die Qualität aufweisen, die man durch mühsame Arbeit gehofft hat, zu erzielen.

Die Mitarbeiter selbst sind liebevoll animierte Charaktere, die immer wieder „in Flammen“ aufgehen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Sie sprechen sich mit anderen Mitarbeitern ab und kommen auch mal zum Chef, um eine bestimmte Wertkategorie zu boosten – stimmen Fähigkeiten und Erfolgswahrscheinlichkeit, kann man dies mit einer Bonus-Finanzierung ermöglichen – geht der Versuch schief, landen massig Bugs im Spiel – die man am Ende mühsam wieder entfernen muss.

Ansonsten sondiert man den Markt nach geeignetem Personal (lustig die Anspielungen auf Steve Jobs, Bill Gates und andere Ikonen der Spieleindustrie 😀 ) und hyped sein Produkt mit Messeauftritten und Werbeveranstaltungen.

Die Spiele werden nach Fertigstellung von der Presse bewertet (nette Anspielung auf die Famitsu 😉 ) und gelingen einem sehr erfolgreiche Spiele, werden diese bei den alljährlichen Gameawards prämiert, was zusätzlichen Ruhm (und Geld) einbringt.

Technisch wird WiSim-Flair versprüht, die Grafik ist aber eher konventionell und leicht pixlig, nutzt nicht den gesamten Bildschirm und die Musik düdelt nervig vor sich hin. Die Steuerung ist nicht ganz unproblematisch, weil keine Hardwaretasten verwendet werden und man sich in den kleinen Menüs immer wieder verklickt. Mit der Zeit kann man aber besser damit umgehen, störend empfand ich die Bedienung nie. Technisch anspruchsvoll ist das Spiel jedenfalls nicht und sollte auch auf „kleineren“ Android-Modellen (ab 1.6) problemlos laufen.

FAZIT

Game Dev Story ist eine interaktive Geschichte durch die Zeit der Videospiele. Die liebevollen Details lassen jedes Videospielherz höher schlagen und der Suchtfaktor des Spiels ist gerade am Anfang extrem hoch. Wer nachts um halb 4 immer noch dasitzt, obowhl der Akku fast leer ist, ist der Game Dev Story Sucht hoffnungslos erlegen. 🙂

Zwar hat man irgendwann alles gesehen, was sich entsprechend auf die Langzeitmotivation auswirkt, aber als Bonbon kann irgendwann auch selbst eine Konsole hergestellt werden – vorrausgesetzt man besitzt einen besonders erfahrenen Entwickler, welcher in allen Kategorien bis auf das Maximum aufgelevelt wurde. Aber bis dahin vergeht die Zeit wie im Fluge! Eine klare Kaufempfehlung, die derzeit geforderten 1,98€ sind gut angelegt!

PS: Ein Nachfolger ist schon in der Mache, derzeit aber nur für das iPhone angekündigt.

————————————————————————————————————————————-

PRO | KONTRA:

+ Suchtfaktor sehr hoch
+ knudellige Grafik
+ viele Anspielungen auf die Videospielwelt
+ extrem motivierend

__________________________

– Musik nervig
– Steuerung via Touchpad manchmal etwas unpräzise
– Nach ca. 10 Stunden hat man das meiste gesehen
__________________________

Musik: 3/10
Grafik: 6/10
Gameplay: 7/10
Playfun (Gesamtwertung): 9/10

[1: sehr schlecht | 2: schlecht | 3: mies | 4: schwach | 5: mäßig | 6: durchschnittlich | 7: gut | 8: sehr gut | 9: super | 10: Meilenstein]

__________________________

Entwickler: Kairosoft
Herausgeber: Kairosoft
Erscheinungsdatum: Oktober 2010 (iTunes) | Dezember 2010 (Android)
Plattform: iTunes, Android
Genre: WiSim
Spieler: 1
Version: Android
Sprache: Englisch
USK: —

Preis: 1,98€

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..