Mittlerweile gibt es eine große Anzahl neuer Möglichkeiten für N64-Controller. Neben Stick-Mods finden sich Controller von Retro-Bit (Tribute 64), Hyperkin (Admiral) und Retro Fighters (Brawler64) auf dem Markt.

Von letzterem gibt es nun nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne eine kabellose Variante, die ich hier gerne vorstellen möchte.
Der Brawler64 Wireless ähnelt sehr stark der Kabelvariante in der zweiten Version (V2). Gleich zu Beginn die wichtigste Eigenschaft, der Stick-Test, den ich immer sofort als Erstes durchgehe, weil das gerne mal vergessen wird und nur nach Gefühl berichtet wird: Der Stick (leichtgängig, matt-rauer Bezug) ist weiterhin weniger sensitiv als Retro-Bits Tribute64, aber sogar etwas ausgewogener (Test-Programm lieferte zuvor 82-95, der Wireless kommt nun auf 95-96, andere Referenzwerte finden sich bspw. hier):

Von der Ergonomie her dürfte der Brawler auch die meisten Spieler von heute überzeugen: er liegt gut in der Hand, ist nicht zu klein oder zu groß und ähnelt vom Layout her den gängigen Xbox- oder Playstation-Pads. Das Gehäuse ist transparent und die angebotenen Farben sehen einfach nur schick aus. In meinem Fall ist es ein roter Controller geworden (transparent blau habe ich jetzt genug zu Hause 😉 ), wobei die Farbe fast schon ein wenig ins „Dunkel-Orange/Dunkel-Rosa“ geht.
Von der Verarbeitung her kann man erst einmal nicht klagen: die Oberfläche fühlt sich gut an, da etwas rau bzw. matt (wenig Chancen für Fingerabdrücke) und das Gewicht ist gerade richtig, wobei tendenziell etwas (zu) leicht. Nur der Dongle, der die kabellose Verbindung erzeugt (2.4GHz), ist sehr groß geraten. Verständlich, passt dort ja auch eine Memory Card ein.

Das Transfer Pak wird leider nicht unterstützt, Rumble Paks am Gerät dran sinnlos 😉 (und ja, funktioniert, da brummt eben das N64). Leider fehlt im Gegensatz zu Hyperkins Admiral eine Auslesefunktion für Speicherstände und der Dongle muss etwas arg stark in den Controller-Port gedrückt werden. Für die Verbindung reicht ein Tastendruck auf die Start-Taste, das geht angenehm schnell von statten.

Kommen wir zur Rückseite: Der Akku wird via USB-C geladen (hier haben sich die Kickstarter-Unterstützer durchgesetzt) und soll einige Stunden aushalten. Habe das allerdings noch nicht nachgemessen und bisher erst zweimal geladen. Gefühlt scheint der aber eine Ewigkeit zu halten, wenn ich das mit meinen PS3/PS4-Controllen vergleiche. Auch lässt sich der Akku in Zukunft wohl relativ einfach austauschen (laut Retro Fighters), wobei der Controller dazu trotzdem auseinander genommen werden muss (keine Sorge: Es werden keine Tri-Wing o.Ä. verwendet, es sind normale Kreuzschlitz-Schrauben).
A propos Tasten: mit der Kickstarter-Kampagne wurde eine wichtige Änderung angekündigt: Die Z-Trigger (es gibt aufgrund der Form jeweils eine Taste links und rechts) sind nicht mehr analog, sondern nun (endlich) digital. Analoge Trigger hatten am N64 auch wenig Sinn. Wer mag, kann wie von den Brawler-Controllern gewohnt die Turbo-Funktion einstellen, praktisch!

Doch zurück zu den Z-Triggern: Der Druckpunkt ist nicht vergleichbar mit einem knackigen SEGA-Saturn-Trigger o.ä. Es bleibt ein etwas schwammiges Gefühl (immerhin besser als beim „Wired“) und die darüberliegenden L- bzw. R-Tasten klappern unterschiedlich. Das war bei der Kabel-Variante leider auch schon so.
Viel mehr stört aber, dass es so scheint, als liefe die Verbindung nicht ganz rund: gerade bei Mario Kart 64 scheint der Controller die gedrückte R-Taste oder den Z-Trigger einfach so loszulassen. Ärgerlich, mit der Kabel-Variante gibt es das Problem so nicht. Das Problem lässt sich eventuell aber lösen, in dem die Verbindung resettet wird:
Also can you try resetting the gamepad, with the dongle inserted with N64 turned on, can you press the following: D-pad Down, A, B, START at the same time. This will reset / resync your gamepad.
Damit konnte das Problem vorläufig gelöst werden, ich behalte es allerdings im Blick.
Die anderen Tasten (A, B, C-Knöpfe) sind zudem lauter geworden. Was mich allerdings weniger stört. Die C-Tasten gehen auch etwas schwerer, was jedoch auch nicht negativ zu bewerten ist. Meiner Meinung nach nicht zumindest.
Das Steuerkreuz fühlt sich ein wenig „direkter“ an, gefällt mir und war ja ein (kleiner) Kritikpunkt beim kabelgebundenen Controller. Es ist zudem etwas leiser und etwas „responsiver“, ich fand es beim „Wired“ deutlich schwammiger. Es ist auch etwas „flacher“, was sich gerade bei Digitalkreuz-Spielen positiv bemerkbar macht (z.B. Mishief Makers).
Leider gibt es ein paar Fehler in den Spielen, die mir aufgefallen sind und für die ein oder andere Kaufentscheidung ein Ausschlusskriterium darstellen könnte:
- Im Pausen-Modus von Zelda – Majora’s Mask: Ist keine MemCard im Dongle, springt der Cursor im Menü wild umher. MemCard im Dobgle, alles ok. Bei Ocarina of Time tritt der Fehler nicht auf.
- Auch bei Rayman 2 springt der Cursor im Pausen-Menü wild umher. Hier hilft leider keine eingesteckte Speicherkarte. Ärgerlich. aber dem Retro-Fighters-Support ist das Problem bekannt und sie arbeiten an einer Lösung. Wie auch immer diese aussehen mag…
Positiv: Ein Lag ist (für mich zumindest) nicht feststellbar. Die 2.4-GHz-Technologie ist dahingehend die bessere Wahl als diverse Bluetooth-Verbindungen, auch wenn die Technik da mittlerweile auch Low-Latency-Profile verspricht.
Fazit
Ich kann festhalten: guter Controller mit Schwächen im Detail: es scheint Timing-Probleme bei der Übertragung zu geben (ich habe die Konsole immer in Reichweite, also <2m!), anders ist nicht zu erklären, warum bisher Spiele im Pausen-Menü Probleme verursachen.
Auch die Mario-Kart-64-Problematik ist unschön und kann für diverse Interessenten ein Ausschlusskriterium darstellen. Warum hier Z-Trigger oder R-Taste ausgelöst werden (teilweise wird auch von A- und B-Tasten berichtet, z.B. Smash Brothers bei Charge-Attacken), obwohl diese gehalten werden, kann ich mir nur damit erklären, dass die Verbindung nicht einwandfrei funktioniert und die Konsole bei einem kurzen Ausfall denkt, die entsprechende Taste würde nicht mehr gedrückt werden.
Ich kann allerdings Ströquellen nicht ausschließen, WLAN, Bluetooth und andere Funk-Geräte könnten hier die genannten Probleme verursachen. Ein Reset (D-Pad runter + A+B+START ein eingeschaltetem N64) hat eine neue Verbindung hergestellt und momentan ist das Problem nicht mehr präsent.
Bei vielen anderen Spielen, u.a. GoldenEye oder Perfect Dark komme ich hingegen mit dem Controller gut klar. Was ja oftmals die Achillesferse diverser „neuer“ Controller zu sein scheint. Und auch sonst reagiert der Controller in den meisten Fällen wie er soll.

Ob ich ihn empfehle? Gute Frage, die ich gerne erst in ein paar Monaten definitiv beantworten will. Die Konkurrenz schläft nicht, Retro-Bit möchte ebenfalls einen kabellosen Controller des Tribute64 auf den Markt bringen, dann aber anscheinend mit integrierter Rumble-Funktion! Dazu gibt es noch einen USB-Dongle, den es beim Brawler64 nicht gibt. Auch mit Adaptern am Dongle scheint der Brawler64 nicht am PC zu funktionieren.
Dazu ist der Preis recht hoch: der deutsche Shop Dragonbox bietet ihn für 49€ plus Versand an. Happig, was zwar auch für den Admiral von Hyperkin gilt, aber ebenso 2x Tribute64 in Kabel-Variante bedeutet. Trotzdem würde ich den Brawler64 dem Admiral vorziehen, da der Stick des Brawlers mehr dem Original entspricht, mehr hier.