GBS-Control – DIY Scaler als Konkurrenz zum OSSC?


Alte Konsolen an neue Geräte anschließen ist eine Kunst Wissenschaft für sich. Kramt man die Geräte vergangener Tage wieder vor, merkt man recht schnell: ohne HDMI ist heutzutage nicht viel los.

Viele suchen eine schnelle und günstige Lösung und landen bei unzähligen „XY auf HDMI„-Kabeln oder „Konvertern“ – mit bescheidenen Ergebnissen in Sachen Bildqualität und Latenz (Lag). Stößt man die Diskussion etwas weiter auf, wird schnell zu sogenannten Scalern geraten, die verschiedene Signalquellen umwandeln (z.B. in ein HDMI-Signal), dabei aber die Integrität des Bildes wahren.

D.h. die Qualität des Ausgangssignals bleibt erhalten oder es werden zusätzliche Anpassungen angeboten. Lange Zeit galt der Framemeister als das ultimative Gerät. Dieser wird jedoch nicht mehr produziert und ist nur noch für horrendes Geld zu bekommen.

Die eierlegende Wollmilchsau OSSC?

Dafür hat der Open Source Scan Converter (OSSC) in der letzten Zeit viel Aufmerksamkeit erhalten. Er ist jedoch in seiner Anwendung aufgrund der möglichen Einstellungen eher was für Profis. Der OSSC funktioniert als Line-Doubler und verdoppelt, verdreifacht, vervierfacht oder verfünfacht die Bildzeilen und dabei wird keinerlei Lag hinzugefügt. Heißt: Aus 240p (oft 320×240 Pixel) Ausgangsmaterial (z.B. viele 16-Bit- und auch teilweise 32-Bit-Spiele) kann man recht schnell 480p herausgeben (2X) oder 720p (3X), 960p (4X) oder 5X (1200p).

Der OSSC: sozusagen das Schweizer-Taschenmesser wenn es um den Anschluss alter Geräte geht.

Ob alle Geräte damit zurecht kommen, muss man testen. Der OSSC gibt dabei auch krumme Auflösungen und Bildwiederholfrequenzen aus (bspw. die genannten 960p).

Das ist grundsätzlich gut, weil sehr präzise und absolut lagfrei, nur nicht jedes Gerät kommt damit eben klar. Mehr als 2X werden bei mir z.B. nicht wirklich unterstützt (Capture Card immerhin bis 3x). Und der OSSC besitzt so seine Schwächen in Sachen De-interlacing (also der Umgang mit Halbildern, meist 480i), was für mich ein Grund war, weiter auf die Suche zu gehen, was es denn noch so alles gibt.

Die Alternativen zum OSSC

Schaut man nach einer einfachen, schnellen und günstigen Lösung, wird gerne auf RAD2X-Kabel verwiesen. Einfach Plug ’n Play und für wenige Konsolen eine gute Lösung (Output ist dabei 480p), basiert doch die verwendete Hardware auf den RetroTINK2X-Scalern von Mike Chi.

Diese werden hier jedoch nicht weiter besprochen, weil bei den Eingangssignalen höchstens 480i/576i möglich sind (ok, es gibt noch den RetroTINK 2X Pro-Multiformat mit 480p-Passthrough, jedoch ist dieser nicht (mehr) erhältlich und kann kein Scart-RGB). Konsolen oberhalb dieser Auflösungsgrenze, also z.B. die Konsolen der 6. Generation, die 480p/576p (teilweise 720p) und damit progressive Signale unterstützen, können nur am Flaggschiff, dem RetroTINK 5X Pro (kurz: RT5X) verwendet werden.

Die RAD2X-Kabel gehen zudem ins Geld, wenn man z.B. mehr als drei Geräte betreiben möchte: 3×75€ sind nun mal kein Schnäppchen. Oft wird beim Betrieb von mehr als zwei Konsolen empfohlen, sich in das Thema Scaler einzulesen und deshalb gibt es von mir einen kleinen Überblick zum GBS-Control, der bei diesen Überlegungen manchmal außer Acht gelassen wird. Das möchte ich ändern.

Der GBS-C im Überblick

Fokus dieses Beitrages ist also der GBS-Control 8200 oder 8220 (der 8220 kann 2x VGA mit D-Sub 15 ausgeben, mir wird es hier um Scart-RGB gehen, also den 8200er). Das „Control“ bezieht sich dabei auf eine (mächtige) alternative Firmware des Gerätes, die die Sache erst so richtig interessant macht.

Wichtig: Der GBS-C ist Open Source, es gab mal den GBS-C AIO zu kaufen. Der ist mittlerweile die Grundlage für unsere chinesischen Copy-Cats von Bitfunx/Kaico/RetroScaler und Co., diese bieten für <100€ Geräte an, die über Zusatzfeatures verfügt wie bspw. ein rudimentäres Display. Auch ein „ODV-GBS-C AIO“ in orange ist mittlerweile verfügbar (aus dem „Hause“ ODV), es kommt also Schwung in dieses Feld. Denn mir ist auch klar: Beim „selbst zusammenbauen“ steigen die meisten aus, aber mittlerweile kommen fast schon im Wochentakt neue Varianten auf dem Markt. Open Source sei Dank!

Ein Rundumsorglos-Paket aus deutschen Landen kostet ca. 85€. Für den Preis bekommt man auch keinen OSSC mehr (bestes Angebot aus Irland via VPG für 145€). Und mittlerweile gibt es viele GBS-C-Varianten, die man sich anschauen kann:

Nicht täuschen lassen: einige China-Kisten haben Composite nur als Sync-Option für RGBS via Cinch. Es gibt aber jetzt neuste Entwicklungen mit einem Add-On-Board für S-Video und Composite (siehe Galerie oben). Bisher konnte ich diese Variante aber nicht testen!

DIY noch aktuell?

DIY ist verlockend für diejenigen, Spaß daran haben, selbst ein Gerät zu erstellen. Preislich ist es bei weitem nicht mehr so attraktiv wie vor einem Jahr, siehe oben. Dennoch: Für unter 50€ (Einschätzung des Users Funzel hier und Elektronik-Experte Voultar auf YouTube bzw. Twitter) kann man dabei sein und wer das nötige Geschick hat, kommt hier günstig an ein hervorragendes Gerät. Wer Unterstützung benötigt, kann hier mal nachfragen. So sähe es beispielsweise aus:

Wer sich in die Materie DIY einlesen möchte, der sollte unbedingt hier reinschauen: BambooShadow aus dem Circuit-Board.de hat alles Wichtige zusammengefasst (Direktlink zu GDocs), um was es beim GBS-C geht und wie man das Gerät zusammenbaut. Grob könnt ihr an den GBS-C, wenn entsprechend ausgebaut, alle Scart-RGB, VGA und Component-Quellen ranhängen. Also alles, was im Retro-Bereich so vorhanden ist: SNES, Mega Drive, NES, Dreamcast.

Achtung: S-Video und Composite (FBAS) werden in der DIY-Anleitung nicht unterstützt, das kann auch der OSSC nicht (nur mit dem recht teurem Add-On-Board). Eine Übersicht der besten Ausgabemöglichkeiten je Konsole gibt es bei RetroRGB. Und wenn wir schon bei Bob von RetroRGB sind: Er hat zum GBS-C ein exzellentes Video hochgeladen und stellt dazu auch eine Seite mit den Bauteilen bereit:

Bedienung des GBS-C

Was Bob nicht wirklich zeigt, ist die Bedienung des Gerätes, denn wie ihr seht, fehlt ein richtiges Display am Gerät wie vom OSSC gewohnt (Anmerkung: die chinesischen All-In-One-Lösungen besitzen zumindest ein kleines OLED zur Anzeige der gewählten Auflösung und rudimentäre Anspannungen). Es gibt auch kein Overlay auf dem anzuzeigenden Gerät (auch das können nur OSSC oder RetroTINK5X). Wie bedient man nun also einen GBS-C?

Das geht per WLAN-Oberfläche, ramapcsx2 (und vielen anderen Beitragenden) sei Dank! Den meiner Meinung nach besten Überblick als Video liefert (wie oft in letzter Zeit) der YouTube-Channel von Wobbling Pixels:

Das Menü bietet insgesamt folgende Optionen, mit dem [?] werden die Funktionen vorbildlich erläutert. Alles wirkt aufgeräumt und unaufgeregt gestaltet, so müssen Menüs aussehen:

Vergleich mit dem OSSC

Getestet wurde das Gerät z.B. im Blog von Nicole, die ein wunderbar ausführliches Review dazu geschrieben hat (allerdings ohne Scart-RGB-Eingang, das löst sie via Scart-RGB2VGA-Board). Passend dazu gibt es viele Screenshots und umfangreiche Informationen, die den Beitrag sehr lesenswert machen (in englischer Sprache). Stellt man den GBS-C einem OSSC gegenüber, fallen folgende Dinge auf:

  • Grundsätzlich bietet der GBS-C ein extrem gutes Preis-Leistungsverhältnis. Den OSSC gibt es seit Jahren „von der Stange“ (eine Empfehlung wäre VGP, die den OSSC in der neusten Version 1.7 anbieten). Das GBS-C-Design ist ebebso Open Source, jeder kann es nachbauen und anbieten. Die darauf aufbauenden neuen chinesischen Angebote entstehen gerade in Hülle und Fülle.
  • Ein GBS-C hat einen großen Vorteil wenn es um Interlaced-Bildquellen geht: Motion-Adaptive-De-Interlacing, eine der besten Formen, Halbbild-Signale irgendwie „schön“ darzustellen. Ja, progessive Bild-Signale sind besser, aber diese gibt es eben nicht immer ohne Weiteres (bspw. bei PAL-Konsolen wie PS2 oder Gamecube). Wobbling Pixels zeigt hier einen Vergleich zum OSSC und dem verwendeten bob-de-interlacing, was bei den meisten Geräten ein fürchterliches Bildflackern verursacht (kann der GBS-C auchv wenn es sein muss). Motion Adaptive Deinterlacing gibt es ansonsten nur bei RetroTINK5X (die Referenz) oder dem Framemeister. Ganz andere Preisklassen.
  • Die Bildqualität ist wirklich famos. Man muss nicht optimale Einstellungen finden, der GBS-C kommt schon von Haus aus gut mit den entsprechenden Quellen zurecht. Eine Sache, die mich beim OSSC wirklich stört, ist das doch recht aufwändige einstellen der „optimalen Bildqualität“. Schon mit den Standard-Einstellungen ist der OSSC sehr gut, aber es geht noch besser. Das muss man jedoch selbst austesten, denn es kommt auch auf das angeschlossene Gerät an. Ja, es gibt für NTSC-Geräte auch solche Listen, aber je nach Konsole und gerade bei PAL-Geräten passt es einfach nicht. Definitiv ein Vorteil vom GBS-C, der mit dem meisten Input einfach gut zurecht kommt.
  • Dazu ist der GBS-C einfacher zu bedienen. Es gibt weniger Einstellungen, dafür kann man sich nicht so sehr verzetteln wie beim OSSC und das Browser-Menü ist sehr schick und aufgeräumt.
  • Die Auflösungen sind wesentlich „gängiger“ als die Ausgabe-Modi des OSSC. Stellt man 1080p ein, kommt hinten 1080p heraus. Es ist eben ein „echter Scaler“ und kein Line-Doubler wie der OSSC. Das sorgt bei einigen End-Gerät für Kopfzerbrechen. Gerade dann, wenn Auflösungen im Spiel gewechselt werden (z.B. Resident Evil 2 auf dem N64, wo der GBS-C problemlos und sehr schnell umschaltet, der OSSC da jedoch sekundenlange Aussetzer hat). Gerade für den Streaming-Bereich kann man den GBS-C problemlos empfehlen und sollte dem OSSC vorgezogen werden.
  • Noch etwas zur Bedienung und einem oft genutztem Feature: Das Bild lässt sich besser „verschieben“, strecken, dehnen, beschneiden oder mit Rändern versehen. Das ist genau dann wichtig, um Overscan-Aktivitäten „abzuschneiden“, die früher eben nicht sichtbar waren. Der OSSC kann das auch, aber wesentlich umkomfortabler und schwergängiger
  • Der GBS-C kann Bildquellen „downscalen„, z.B. 480p-Ausgangmaterial auf 240p „runterrechnen“. Warum sollte man das überhaupt machen? Hier wird das Thema näher erläutert und gezeigt. Auch My Life in Gaming hat ein sehr ausführliches Video dazu gepostet.

Die Punkte, die ich dem GBS-C ankreiden würde:

  • Wie schon erkannt: Es gibt bei der DIY-Variante erst einmal keinen HDMI-Ausgang. Huch? Das war doch gerade das Thema! Ja, aber das ist eigentlich nicht schlimm, man benötigt lediglich einen VGA-to-HDMI-Adapter. Da muss ich allerdings auch ehrlich sagen: ich gehe von meinem GBS-C direkt in den OSSC und von dort per HDMI zum Endgerät. Auch habe ich einen VGA-2-HDMI-Wandler, der dieses Problem kompetent löst. Alternativ kann auf die Rundum-Sorglos-Pakete aus China zurückgegriffen werden, die das schon können. Wer also dort zugreift, kann diesen Punkt streichen.
  • Der OSSC macht einfach die besseren Scanlines (siehe auch hier). Beim GBS-C ist schon technisch die Fahnenstange erreicht, aber er bietet immerhin Scanlines bei 240p-Material. Bis auf die Intensität der horizontalen Linien ist hier nicht viel mehr möglich. Gerade beim Streaming sollte man aufgrund der Kompression des Streams auf Scanlines verzichten. Wem das nicht wichtig ist, kann diesen Punkt streichen.
  • Grundsätzlich ist die Bildqualität wie genannt sehr gut, warum dann hier Gemecker? Nun, OSSC und andere Geräte wie der RetroTINK5X bieten im Detail eine noch bessere Bildqualität und gerade der RetroTINK5X hat eine ganze Palette an Features, die der GBS-C (technisch bedingt) nie anbieten wird. Auch hat der GBS-C gelegentlich mit Wellenmustern zu kämpfen. Dafür sprechen wir ja auch von zwei unterschiedlichen Preiskategorien (RetroTINK5X ist ein >380€-Gerät). Aus dem OSSC kann man allerdings in den meisten Fällen noch mehr rauskitzeln, wenn man sich in die Tiefen der Optimierungs-Einstellungen begibt.
  • Ein kleiner Makel: Das WLAN ist etwas störrisch. Am besten gibt man die IP direkt ein statt über gbs.control im Browser zuzugreifen. Wer kein WLAN hat, hat ein Problem, auch wenn man mit jedem Smartphone über Ad-hoc-Verbindungen zugreifen kann. Eine Fernbedienung, ein Overlay oder ein integriertes Display wären schön, letzteres ist zumindest möglich, erhöht aber den Bastelaufwand und bietet wesentlich weniger Infos. Auch die chinesischen Angebote bieten keine optimale Lösung, der Drehschalter ist bspw. nicht optimal zu bedienen. Aber meist müssen die Einstellungen sowieso kaum geändert werden.

Es gibt zudem ein Wiki mit vielen wichtigen Informationen, wobei dies nicht so ausführlich und übersichtlich gestaltet wurde, wie z.B. das des OSSC. Auch wenn es sehr viel Beispiele gibt, hier noch ein kleiner Vergleich von mir aus Rayman (PAL) auf SEGA Saturn (wobei ich mal wieder vergessen habe, die Scanlines bei beiden Vergleichen zu deaktivieren ;-). Das bekommt man sicherlich noch besser hin, gebe ich zu.

GBS-C in 1280×1024 und h-scanlines
OSSC mit optimalen Settings (3X @720p) und h+v scanlines

Fazit

Der GBS-C ist eher für Bastler und Leute, die sich mit der Technik beschäftigen wollen. Dafür bietet es ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis für all diejenigen an, die viel selbst erledigen können. Und dank „motion adaptive de-interlacing“ gibt es sogar ein Feature, welches in der Preisklasse einmalig ist und für diverse 480i/576i-Lösungen einen großen Mehrwert bilden kann (bspw. PAL-PS2).

Mittlerweile gibt es auch fertige Alternativen (ODV-GBS-C AIO oder RetroScaler GBS-C bzw. ODV GBS-C aus deutschem Lager), die für die Nicht-Bastler attraktiv geworden sind. Daher ist dies wirklich eine sehr gute Alternative geworden! Wer noch mehr ausgeben kann, der wird beim RetroTINK5X fündig. Was dieser noch besser kann?

Vier Punkte würde ich mal nennen:

  • 1440p/HDR/VRR-Support
  • CRT-Filter, wesentlich umfangreichere Scanline-Optionen
  • Optimale Settings vorinstalliert
  • S-Video und Composite-Unterstützung, dies scheinen neuste GBS-C-Entwicklungen nun mit einem Add-On-Board zu lösen!

Mehr hier, Danke an Wobbling Pixels für seinen unermüdlichen Einsatz an Video-Material.

Ergo: <100€: GBS-C, >380€ RetroTINK5X.

Sonic the Hedgehog auf dem MD erstrahlt mit dem GBS-C in neuem Glanz

Weiterführende Literatur

Generell eine exzellente Quelle ist die Seite von Tobias „Fudoh“ Reich. Egal ob zum Thema De-Interlacing oder Scanlines, hier wird alles erstklassig erläutert und mit Bildern beschrieben, wobei die Schwerpunkte eher auf dem Framemeister, OSSC und neuerdings dem RetroTINK 5X Pro liegen. Definitiv einen Blick wert!

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