Beendet: Bucky O’Hare (NES)


Durchgespielt: Bucky O’Hare (Wiki|NR|MG|KB), ca. 120 Minuten Durchlaufzeit.
Preis: ab 20 Euro

Bucky O’Hare (PALCOM Software aka Konami, NTSC-Titelscreen) aus dem Jahr 1992 war einer der letzten großen, exklusiven NES-Kracher. Deutschland (bzw. PALien allgemein) hinkte mal wieder hinterher: Das Spiel erschien erst im März 1993 (übrigens einen Monat vor Little Samson).

Wer 1993 noch kein SNES hatte (ja, das gab es, das SNES kam schließlich erst im Frühjahr 1992 nach Deutschland, nicht immer von den NTSC-Gefilden blenden lassen 😉 ), der war vielleicht noch nicht bereit, viel Geld in eine neue, 16-Bit-Plattform zu investieren.

Für mich gehörte Bucky O’Hare zum „Edge of 8-Bit-Gaming“ und ich bin immer noch erstaunt, wie gut sich der Titel bis heute gehalten hat…

Einleitung

Bucky O’Hare ist ein Action-Plattformer/Jump ’n Shoot/Run ’n Gun… Wie man es auch nennen will, es vermischt verschiedene Genres zu einem klassischen Action-Plattformer. Das Spiel basiert auf einer für mich völlig unbekannten Comic-Serie, zu welcher es auch eine Zeichentrickserie gab (nie gesehen). Seis drum, denn der Story kann man ohne Probleme folgen:

So weit so gut, d.h. Bucky muss erst einmal seine Freunde suchen, um danach den Air Mashall und seine Toads zur Strecke zu bringen.

Gameplay

Das Spiel beginnt mit der Hauptperson Bucky. Dieser kann laufen und schießen (horizontal/vertikal), seine Sprung- und Schusskraft durch Power-Ups erhöhen und sich ducken, um Power-Sprünge aufzuladen. Zu Beginn des Spiels reist der Hase auf die vier verschiedenen Planeten, um seine Freunde zu retten:

  • Auf dem grünen Planeten: Blinky. Der kleine Roboter besitzt die Fähigkeiten durch Wände zu schießen und er kann eine kurze Zeit fliegen.
  • Auf dem roten Planeten: Deadeye. Die Ente kann an Wänden klettern und beherrscht einen Dreifachschuss, der allerdings recht schwach ausfällt.
  • Auf dem blauen Planeten: Jenny. Die Katze hat eine Homing-Missile-Attacke, die es ermöglicht, Schüsse selbst zu steuern. Klingt leider besser, als es in Wirklichkeit ist.
  • Auf dem gelben Planeten: Willy. Erinnert für mich an den jungen Luke Skywalker. Er kann seinen Schuss aufladen (Mega Man läßt grüßen) und erzeugt damit mehr Schaden.

Danach folgen 4 weitere Levels, die wie schon die Planeten-Levels immer wieder in verschiedene Abschnitte eingeteilt sind. Dabei ist es jederzeit möglich, auf erspielte Charaktere zurückzugreifen (ähnlich wie in Little Samson, zur damaligen Zeit ein beliebtes Feature).

Die Abwechslung innerhalb der Levels ist unglaublich groß: Von reinen Hüpfpassagen, über Lorenfahrten und Shoot ‚em Up Sequenzen bis hin zu zeitkritischen Jump ’n Shoot Ballereien und Kämpfe gegen Endbosse wird wirklich alles geboten, was in 8-Bit möglich ist. Rätselfans und ruhige Naturen werden dabei nicht auf ihre Kosten kommen. 😉

Mir hat dieser Abwechslungsreichtum sehr gut gefallen: es gibt zig Momente, wo das Wechseln des Charakters sinnvoll ist und kein Level gleicht dem Nächsten. Es werden zwar einige Level-Klischees durchgespielt (Eis-Level, Feuer-Level etc.), aber die Originalität des Spiels ist jederzeit erkennbar: Nie meint man, man habe diverse Passagen schon mal woanders gesehen.

Das motiviert unheimlich, auch wenn ich den Schwierigkeitsgrad insgesamt hoch einstufe. Vor allen Dingen die Hüpfpassagen in den späteren Levels sind teilweise arg knifflig und erfordern ein hohes Maß an Antizipation und Geschick. Ein Glück, dass die Steuerung da problemlos mitspielt, auch wenn nicht ganz die Genauigkeit eines SMB3 oder Probotector erreicht wird.

Wer sich davon nicht abschrecken läßt, wird mit vielen tollen Ideen und Levels belohnt. Mehr werde ich aber nicht verraten, hier sollte sich jeder sein eigenes Bild von machen.

Technik

Es ist schon erstaunlich, was alles aus dem alten NES rausgekitzelt wird: Bucky O’Hare überzeugte mit vielseitigen Hintergründen und unzähligen animierten Sprites und das, obwohl alles nur in ein kleines 2MBit-Modul gepackt wurde. Die grafische Klasse wird durch einen MMC-Chip (siehe dazu ein älterer Beitrag) erreicht.

Laut NintendoAge handelt es sich dabei um den INES Mapper 004 (also MMC3). Das erklärt, warum das Spiel auf einem technischen Niveau wie SMB3 oder Kirby’s Adventure liegt und damit fantastisch ausschaut.

Die folgenden Screenshots zeigen eindrucksvoll, wie sehr die Hardware ausgereizt wurde:

Alle Gegner sind animiert!

Beeindruckend: Die Lava-Fontänen

Nicht selten sind mehrere Gegner auf dem Schirm, ohne dass es zu Aussetzern kommt

Das Loren-Level scrollt unglaublich schnell.

Nicht selten werden komplette Bestandteile und Fallen animiert

Auch hier muss sich Bucky durch unzählige Objekte hindurchschießen

Erstaunlich ist dabei, dass das NES kaum in die Knie geht. Das bekannte Sprite-Flackern ist nur selten sichtbar und Bucky läuft in der Regel sehr flüssig über den Schirm. Bunt, knallig, schnell, das überzeugt!

Weniger gut fallen die Animationen aus, hier merkt man, dass lediglich 2MBit (man bedenke: 256kb…) zur Verfügung standen. SMB3 kommt auf 3MBit, Kirby sogar auf 4. Alles in allem wird aber fast Referenz-Niveau erreicht.

Und was bei der Grafik Top ist, zählt zum Glück auch beim Sound. Dieser ist einfach nur klasse und die Soundeffekte stimmen nerven zum Glück nicht. Wer mal reinhören will: Bucky O’Hare Soundtrack. Leider sind mir keine weiteren Werke von Tomoko Sumiyama bekannt.

Da ich zur Zeit wenig Möglichkeiten habe, selbst gute Longplays aufzunehmen, verweise ich auf ein schon vorhandenes, nämlich den NES Longplay [086] Bucky O’Hare von cubex55:

Hintergrund

Bucky O’Hare war Konamis letzte exklusive Neuentwicklung für das NES, das in PALien herausgekommen ist (das letzte Exklusivspiel war im Februar 1994 die Fortsetzung Tiny Toon Adventures 2: Trouble in Wackyland).

Die Erwartungen an Konami waren recht hoch, nachdem Kracher wie Castlevania III: Dracula’s Curse (1990) oder Probotector II: Return of the Evil Forces (1991) die Messlatte für zukünftige Spiele enorm hoch ansetzten. Konami verfestigte den exzellenten Ruf mit SNES-Spielen wie Super Castlevania IV  (1991), Super Probotector: The Alien Rebels (1992) oder Teenage Mutant Ninja Turtles IV: Turtles in Time (1992).

Wer rechnete da noch mit einem Titel für das betagte 8-Bit-Gerät, zumal Konamis Marschrichtung klar festgelegt wurde: Fortsetzungen erfolgreicher Spielkonzepte auf hohem Niveau. Für neue Ideen gab es wenig Platz.

Das Bucky-Entwicklerteam um Masato Maegawa war recht klein. Maegawa wirkte zuvor an der Game Boy Fassung von Castlevania mit und an den beiden NES-Titeln Rollergames (1990) und Laser Invasion (1991). Beides nun wahrlich keine Klassiker, wobei Rollergames durchaus ordentlich war. Bucky O’Hare ist aus mehreren Gründen so interessant:

  1. weil es richtig gut wurde
  2. weil Maegawa im Juni 1992, also einen Monat vor Release und damit kurz nach der Fertigstellung Konami verließ, um sein eigenes Entwicklungsstudio zu Gründen: Treasure
  3. weil Bucky O’Hare schon damals ein verkappter Treasure-Titel war: viel Action; einfaches, intuitives Gameplay und technisch anspruchsvoll!

Aus dem Bucky-Team nahm Maegawa noch Kaname Shindoh hinzu, um nach der Auftragsarbeit McDonald’s Treasure Land Adventure den Action-Kracher Gunstar Heroes folgen zu lassen, der bis heute Kultstatus genießt.

Aus mehreren Quellen läßt sich schließen, dass es Maegawa einfach Leid war, bei Konami nur noch an Fortsetzungsserien zu arbeiten (Quelle GamiA). Er wollte lieber individuelle Spielideen umsetzen, die in sich abgeschlossen waren.

Aus der Neugründung entstanden nach und nach Klassiker wie Dynamite Headdy (1994), Alien Soldier (1995), Guardian Heroes (1996, was ich ja schon einmal näher beleuchtet habe), Radiant Silvergun (1998), Sin and Punishment (2000) oder Ikaruga (2002).

Es bleibt anzumerken, dass Maegawa damit auch das Konsolenlager wechselte: War Konami eher „Nintendo-orientiert“, entwickelte Treasure exklusiv für SEGA. Dessen Hardware passte auch eher zu den Ansprüchen Treasures‘, wobei nicht auszuschließen ist, dass der Wechsel ins SEGA-Lager mit exklusiven Rechten unterstützt wurde.

Bis heute ist Bucky O’Hare exklusiv für das NES geblieben. Ein Jahr vor Release gab es aber ein weiteres Spiel aus der Spielhalle mit der Bucky-Lizenz: Bucky O’Hare (Arcade), 4-Spieler-Coop-Action im Final Fight-Stil, basierend auf Konamis Xexex-Board.

Leider wurde es, wie schon bei meinem Lieblings-Brawler Asterix, nie für Heimkonsolen konvertiert (X-Men aus der gleichen Zeit hats ja dann mal geschafft). Das ist wirklich schade, denn Bucky-Arcade ist ein guter Action-Brawler geworden, den ich in meinem Beat ‚em Up Rückblick näher vorstellen werde, wenn ich mal die Zeit dazu finde. 😉

Fazit

Wer damals in die Hefte geschaut hat, ist mit Sicherheit über das famose VideoGames-Review gestolpert: satte 89% wurden vergeben, die ASM begnügte sich in einem herrlich trivialen Review und10/12.

Das UK-Nintendo-Magazine 1/93 vergab eher bescheidene 72%, wobei sie einen etwas zu niedrigen Schwierigkeitsgrad monierten. Den Test insgesamt kann ich aber so oder so nicht wirklich nachvollziehen.

Trotz der eher guten Wertungen stand Bucky nie im Fokus der Gamer: Ende 1992 tobte der Kampf zwischen Mega Drive und SNES und trotz beeindruckender Technik, konnte das Spiel nicht mehr in dem Maße überzeugen, wie es noch 1990 oder 1991 der Fall gewesen wäre.

Neuere Reviews loben Bucky O’Hare auf dem NES fast ausnahmslos: Scorp.ius (jepp, Retro Snippets Scropius!) vergibt eine 9/10 und auch auf neXGam kommt das Spiel mit einer hohen Wertung von 9.1/10 gut davon.

Die GameFaq-Reviews fallen ebenfalls recht positiv aus (bis auf die üblichen Ausnahmen) und da mir persönlich Bucky sehr gut gefallen hat, schließe ich mich dem allgemeinen Credo an.

Wer noch Action-Futter für das NES sucht, wird mit Bucky O’Hare fündig werden. Der Wiederspielwert hält sich zwar in Grenzen, aber ich habe es aufgrund des guten Leveldesigns mit vielen abwechslungsreichen Passagen immer wieder eingelegt. Für mich ein Klassiker!

Wertung:
[9/10]

PS: Und irgendwie wird mich das Gefühl nicht los, dass Bucky (also zumindest der Comic) als Pate für Jazz Jackrabbit (1994) stand… 😉

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